Der Morgen dämmerte über dem kaiserlichen Jagdrevier, als Kaiser Matthias im Jahr 1619 mit seinem Gefolge durch die dichten Wälder streifte. Die Luft war kühl und klar, erfüllt vom Duft feuchter Erde und dem Ruf der Vögel. Die Jagd war an diesem Tag nicht von großem Erfolg gekrönt, doch das sollte sich schlagartig ändern – nicht durch ein erlegtes Tier, sondern durch eine Entdeckung, die den Grundstein für eines der prächtigsten Bauwerke Europas legen sollte.
Der Kaiser, durstig von der Anstrengung, ließ sich von seinen Jägern zu einer vermuteten Wasserstelle führen. Was er dort vorfand, übertraf jedoch alle Erwartungen. Zwischen moosbewachsenen Steinen sprudelte eine Quelle hervor, deren Wasser von einer solchen Klarheit und Reinheit war, dass es fast unwirklich schien. Das Sonnenlicht brach sich in der Oberfläche und ließ sie wie flüssiges Kristall erscheinen.
Kaiser Matthias, ein Mann, der zeitlebens von Mysterien und der Schönheit der Natur fasziniert war, bückte sich und schöpfte das kühle Nass mit beiden Händen. Der Geschmack war unvergleichlich – erfrischend, belebend und von einer Reinheit, die er so noch nie erlebt hatte. Tief beeindruckt von diesem Naturschauspiel und der erquickenden Wirkung des Wassers, soll der Kaiser ausgerufen haben: „Welch schöner Brunnen!“
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Dieser Ausruf, spontan und voller Bewunderung, sollte weit mehr sein als nur ein flüchtiger Moment der Begeisterung. Er war die Taufpatin eines Ortes, der sich über die Jahrhunderte zu einem Monument kaiserlicher Macht und Schönheit entwickeln würde. Jener „schöne Brunnen“ gab dem späteren Jagdschloss und schließlich der gesamten majestätischen Residenz ihren Namen: Schloss Schönbrunn.
Heute, Hunderte von Jahren später, strömen Millionen von Besuchern durch die prunkvollen Säle und wandeln durch die weitläufigen Gärten Schönbrunns. Sie bestaunen die Gloriette, den Neptunbrunnen und die Orangerie, doch nur wenige wissen um die bescheidene, aber bedeutungsvolle Ursprungsgeschichte des Namens. Die Quelle, einst von Kaiser Matthias entdeckt und bewundert, existiert noch immer im Schlosspark. Sie ist zwar nicht mehr die alleinige Wasserversorgung der Brunnenanlagen, doch ihr stilles Dasein erinnert an jenen Augenblick, als ein Kaiser einem „schönen Brunnen“ begegnete und so unwissentlich den Grundstein für Wiens glanzvollstes Wahrzeichen legte. Es ist eine faszinierende Erinnerung daran, wie oft die größten Geschichten ihren Ursprung in den einfachsten und natürlichsten Begebenheiten finden.
