Es gibt Geschichten, die klingen wie ein Märchen, doch wenn man nachts durch die stillen Gassen Wiens geht, spürt man, dass sie mehr sind als bloße Fantasie. Eine davon ist die Sage vom Basilisken, jenem geheimnisvollen Wesen, das seit Jahrhunderten die Stadt umgibt wie ein unsichtbarer Atem. Man erzählt, er sei nicht einfach ein Geschöpf der Natur, sondern das Ergebnis finsterer alchemistischer Experimente – geschaffen von einem gewissen Theobald, der vor über vierhundert Jahren in der Innenstadt wohnte. Nicht irgendein Tier, sondern ein Ungeheuer, so tödlich, dass schon sein Blick genügte, um den Menschen das Leben auszulöschen.

Die Legende sagt, Theobald habe ein Ei mit Zauberei verdorben, und aus diesem Ei sei der Basilisk geschlüpft – halb Schlange, halb Hahn, mit einem Blick, der selbst die Mauern Wiens gefrieren lassen konnte. Er soll in den engen Seitengassen gehaust haben, dort, wo kaum jemand freiwillig hinging. Manche hörten in den Nebelnächten ein Rascheln, das sich durch die Pflastersteine zog, wie ein Atem aus der Tiefe. Andere schworen, in den Augen der Katzen oder in den Spiegeln der Pfützen einen Schimmer zu sehen, der nicht von dieser Welt war. Wien, diese Stadt, die nie vergisst, trägt ihn bis heute in ihren Winkeln weiter.


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Doch der Basilisk ist mehr als eine Schauergestalt. Er ist ein Stück Wiener Seele, eine Verdichtung all jener Ängste, die zwischen Dunkelheit und Kerzenlicht entstehen. Die Bewohner der Stadt schufen aus ihm ein Bild für das Unsichtbare, für jene Mächte, die man nicht erklären konnte und die doch immer da waren. Und wie es in Wien so oft geschieht, wurde aus Furcht auch ein Funken Stolz: Denn während andere Städte ihre Geister verloren haben, hütet Wien seine Mythen wie Kostbarkeiten.

Es war schließlich ein mutiger Lehrbub, der der Sage nach den Basilisken überwand – nicht mit Gewalt, sondern mit List. Er senkte einen Spiegel in den dunklen Schacht, und als das Ungeheuer sein eigenes Spiegelbild erblickte, brach seine Macht. Damit bekam die Geschichte jenen Wiener Zug, den sie bis heute unverwechselbar macht: die Mischung aus Schauer und Schelmerei, aus Gänsehaut und einem Schmunzeln über die Klugheit, die stärker ist als rohe Kraft.

Dass der Basilisk heute noch lebt, davon sind viele überzeugt. Nicht im Fleisch, sondern in der Erinnerung. In Reliefs an alten Fassaden, in den Brunnen der Innenstadt, in geheimnisvollen Symbolen, die wie zufällig in den Stein geschlagen wirken. Die Stadt hat ihn nicht vertrieben, sie hat ihn gezähmt und in ihre Geschichte eingewoben. Und so spaziert er weiter, durch die Fantasie der Menschen, durch die Märchen, die Eltern ihren Kindern erzählen, durch das leise Knistern in den Gassen, wenn der Vollmond das Pflaster zum Glänzen bringt.

Vielleicht ist es genau das, was den Basilisken von Wien so besonders macht: Er ist Geheimnis, Überlieferung und Mythos zugleich. Ein uraltes Echo, das uns daran erinnert, dass die Stadt mehr ist als Häuser und Straßen – sie ist ein Wesen mit Gedächtnis, das seine eigenen Geschichten hütet. Und irgendwo, tief im Herzen Wiens, lebt er weiter, der Blick des Basilisken, der nicht mit den Augen der Menschen sieht, sondern mit den Augen der Zeit selbst.


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